Instandsetzung Konvikt Chur
Hochbauamt Graubünden
Gesamtleistungswettbewerb selektiv 2016, 3. Rang
In Zusammenarbeit mit horisberger wagen architekten
STRABAG AG, Gesamtleister
dsp Bauingenieure & Planer
Hager Partner AG, Landschaftsarchitekten
Bausumme: 27.8 Mio.
Gebäudevolumen: 25'594 m3
Revitalisierung mit Umsicht
Die Instandsetzung eines wertvollen Objektes ist von kulturhistorischem, architektonischem und gesellschaftlichem Interesse. Als einer der wichtigsten Zeitzeugen der Spätmoderne in der Schweiz verfügt das Churer Konvikt mit seiner imposanten Erscheinung über eine grosse baugeschichtliche Relevanz. Gemäss den Leitsätzen der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege ist ein Objekt „für die Zeugenschaft als Ganzes wichtig, bei Bauten das Innere ebenso wie das Äussere“. Das vorliegende Konzept zur Sanierung der Gebäudehülle verfolgt die Strategie der umfassenden Substanzerhaltung. Die Massnahmen am Äusseren sind subtil eingreifend oder - der Logik von Otto Glaus folgend - ergänzend: Der Sichtbeton wird sorgsam geflickt, die Mauerkronen in der vorgefundenen Proportion erhöht und die Fensterelemente nur dort ersetzt, wo ihr Zustand kritisch ist. Gleichzeitig werden die heutigen Anforderungen an Sicherheit, Energie und Dichtigkeit erfüllt. Immer aber bleibt die Substanz erhalten und der architektonische Ausdruck gewahrt.
Funktion folgt Struktur
Voraussetzung für bauliche Massnahmen an schutzwürdigen Objekten ist die genaue Kenntnis der Substanz. Das Konvikt verfügt nebst einer ikonografischen Erscheinung auch über eine prägnante Raumstruktur: Gemäss dem Vorbild des Klosters La Tourette wird zwischen introvertierter Zellenstruktur und fliessendem Raum für das Gemeinschaftsleben unterschieden. Überhohe und niedrige Geschosse wechseln sich analog dem Vorbild von Le Corbusier spannungsvoll ab und verweisen auf die jeweiligen Nutzungen. Der geschlossene Rücken, die offene Frontseite, aber auch die Differenzierung zwischen Horizontalität und Vertikalität sowie die vielgestaltige Transparenz und Flexibilität im Innern sollen erhalten und - wo notwendig - gestärkt werden. Das vorliegende Konzept sieht eine sorgsame Einpassung der Nutzung in die bestehende Raumstruktur sowie eine konsequente Trennung von gemeinschaftlicher und privater Nutzung vor. Möglich wird ein solcher Umgang mit dem Bestand durch Optimierung der Raumorganisation und gezielte Ausnutzung bestehender Nischen und hangseitiger Hohlräume.
Den Organismus neu denken
Gemäss den denkmalpflegerischen Leitsätzen ist der „überlieferte Bestand möglichst weitgehend zu erhalten“ und bei neuen Eingriffen „ein Höchstmass an Reversibilität“ anzustreben. Dabei sind „Umfang und Tiefe von neuen Massnahmen möglichst klein zu halten“. Die Direktheit der Anwendung von Materialien ist ein primäres Merkmal des Ausbaus im Konvikt. Vor diesem Hintergrund überraschen die konsequent ‚unter Putz’ verlegten Installationen: Eine problematische Ausgangslage in Anbetracht der unterschiedlichen Lebensdauer von Rohbau und Gebäudetechnik. In vergleichbaren Bauten jener Zeit - wie etwa dem Kloster La Tourette - werden die Leitungen ‚auf Putz’ geführt. ‚Den Organismus sichtbar machen’ lautet demnach auch der Ansatz des vorgeschlagenen Gebäudetechnikkonzepts: Zwei in den Bestand eingefügte und gut zugängliche Hauptstränge erschliessen neu die einzelnen Trakte. Davon ausgehend versorgt eine sichtbare Feinverteilung die Endverbraucher mit den jeweiligen Medien. Der neue Organismus wird damit einem zeitgemässen und unkomplizierten Unterhalt gerecht.
Authentizität im Innern
Äusserlich erinnert das Konvikt an eine karge Felsformation. Demgegenüber schafft ein harmonisch abgestimmter Innenausbau mit unverfälschter Materialanwendung eine einzigartig warme Atmosphäre. Grundsätzlich bestimmt die erhaltene Substanz die Authentizität eines Bauwerks. Gemäss Befund beim Augenschein ist diese nahezu intakt - insbesondere im Inneren des Gebäudes. Bei der Ausbildung der Oberflächen hat Otto Glaus zwischen Gemeinschafts- sowie Erschliessungsräumen und Zimmern differenziert. Dieser Ansatz wird im vorliegenden Konzept konsequent übernommen und partiell ergänzt. Der zeittypische Innenausbau wird integral erhalten und so sanft wie möglich renoviert. Ersetzt wird nur, was Verbesserungen mit sich bringt - wobei die Originalpläne und -bilder aus dem gta Archiv der ETHZ stets als Referenz dienen. Die heutigen Anforderungen an mehr Wohnlichkeit sowie eine Reduktion der Ringhörigkeit werden mit reversiblen Massnahmen umgesetzt - die Behaglichkeit mit lüftungstechnischen Ergänzungen deutlich verbessert.